Literaturempfehlungen

Der Lotus als ein universales Symbol

aus der Geheimlehre, Band 1, Zweiter Teil, Abt. VII

Es giebt keine alten Symbole ohne einen damit verbundenen tiefen und philosophischen Sinn, und ihre Wichtigkeit und Bedeutsamkeit nimmt mit ihrem Alter zu. Ein solches ist der Lotus. Er ist die der Natur und ihren Göttern geweihte Blume und stellt das abstrakte und das konkrete Weltall dar, indem er als das Emblem der hervorbringenden Kräfte sowohl der geistigen als auch der körperlichen Natur steht. Er wurde vom entferntesten Altertum her gleichermaßen heilig gehalten von den ârischen Hindûs, den Ägyptern, und nach ihnen den Buddhisten. Er wurde in China und Japan verehrt und als ein christliches Emblem von der griechischen und lateinischen Kirche angenommen, welche aus ihm einen Sendboten machten, sowie jetzt die Christen, die ihn durch die Wasserlilie ersetzt haben. In der christlichen Religion erscheint auf jedem Bilde der Verkündigung Gabriel, der Erzengel, der Jungfrau Maria, indem er in seiner Hand einen Zweig von Wasserlilien hält. Dieser Zweig, welcher Feuer und Wasser versinnbildlicht, oder die Idee der Schöpfung und der Zeugung symbolisiert genau dieselbe Idee wie der Lotus in der Hand des Bodhisattva, welcher der Mahâ-Mâyâ, der Mutter Gautamas, die Geburt des Buddha, des Weltheilands ankündigt.

So wurden auch Osiris und Horus beständig von den Ägyptern in Verbindung mit der Lotusblume dargestellt indem beide Sonnengötter oder Götter des Feuers waren; geradeso wie der heilige Geist noch jetzt durch „feurige Zungen“ in der Apostelgeschichte bildlich dargestellt wird. Er hatte, und hat noch, seine mystische Bedeutung, welche bei jeder Nation auf Erden dieselbe ist. Wir verweisen den Leser auf Sir William Jones. Bei den Hindus ist der Lotus das Emblem der hervorbringenden Kraft der Natur, durch die Thätigkeit von Feuer und Wasser, oder Geist und Stoff. „O du Ewiger! Ich sehe Brahmâ, den Schöpfer, thronend in dir auf dem Lotus!“ sagt ein Vers in der Bhagavad Gîtâ. Und Sir W. Jones zeigt, wie bereits bei den Strophen angemerkt, daß die Samen des Lotus, selbst bevor sie keimen, vollkommen ausgebildete Blätter enthalten, die Kleinbilder von dem, was sie eines Tages als vollendete Pflanzen werden sollen. Der Lotus, in Indien, ist das Symbol der fruchtbaren Erde und, was mehr ist, des Berges Meru. Die vier Engel oder Genien der vier Viertel des Himmels, die Mahârâjahs der Strophen, stehen ein jeder auf einem Lotus. Der Lotus ist das zweifache Sinnbild des göttlichen und menschlichen Hermaphroditen, da er sozusagen von doppeltem Geschlecht ist.

Bei den Indern evolvierte der Geist des Feuers oder der Wärme - welche alles, was aus dem Wasser oder der ursprünglichen Erde geboren ist, aus seinem idealen Vorbilde zu konkreter Form aufrüttelt, befruchtet und entwickelt - den Brahma. Die Lotosblume, dargestellt, wie sie hervorwächst aus dem Nabel des Vishnu, des Gottes, der in den Wassern des Raumes auf der Schlange der Unendlichkeit ruht, ist das anschaulichste Symbol, das je gemacht wurde. Es ist das Weltall, das sich aus der Centralsonne, dem Punkte, dem immer verborgenen Keime, entwickelt. Lakshmî, die der weibliche Aspekt des Vishnu ist und welche auch Padma, der Lotus, genannt wird, im Râmâyana, wird ebenfalls auf einer Lotusblume schwimmend dargestellt bei der „Schöpfung“ und während des „Butterns des Ozeans“ des Raumes, sowie auch aus dem „Milchmeer“ hervorgehend, wie Venus-Aphrodite aus dem Schaume des Ozeans.

. . . Dann auf dem Lotus sitzend Erhebt der Schönheit Göttin, Shrî, die Unvergleichliche, Sich aus den Wassern . . . singt ein englischer Orientalist und Dichter, Sir Monier Williams.

Die diesem Symbole zugrundeliegende Idee ist sehr schön und weist obendrein in allen religiösen Systemen auf einen übereinstimmenden Ursprung hin. Einerlei, ob Lotus oder Wasserlilie, bedeutet es ein und dieselbe philosophische Idee, nämlich die Emanation des Objektiven aus dem Subjektiven, die göttliche Ideenbildung, wie sie aus dem Abstrakten zum Konkreten, oder zur sichtbaren Form übergeht. Denn sobald als die Dunkelheit, oder vielmehr das, was "Dunkelheit“ ist für die Unwissenheit, in ihren eigenen Bereich ewigen Lichtes verschwunden ist und hinter sich bloß ihre göttliche geoffenbarte Ideenbildung zurückgelassen hat, ist der Verstand der schöpferischen Logoi eröffnet, und diese sehen in der idealen Welt, die bisher im göttlichen Gedanken verborgen war, die urbildlichen Formen von allen, und sie gehen daran, nach diesen Mustern die dahinschwindenden und transcendenten Formen nachzubilden oder zu erbauen und zu gestalten.
Auf dieser Stufe der Thätigkeit ist der Demiurg noch nicht der Baumeister. Geboren in dem Zwielicht der Thätigkeit, hat er zuerst den Plan wahrzunehmen, die idealen Formen zu verwirklichen, welche in dem Schoße der ewigen Ideenbildung begraben liegen, geradeso wie die zukünftigen Lotusblätter, die unbefleckten Blättchen, in dem Samen dieser Pflanze verborgen sind. In der esoterischen Philosophie ist der Demiurg oder Logos als der Schöpfer betrachtet bloß ein abstrakter Ausdruck, eine Idee, ähnlich dem Worte „Heer“. Wie das letztere der allesumfassende Ausdruck für eine Gesamtheit von thätigen Kräften oder wirkenden Einheiten ist - von den Soldaten, so ist der Demiurg die qualitative Zusammensetzung einer Vielheit von Schöpfern oder Erbauern. Burnouf der große Orientalist, erfaßte den Gedanken vollkommen, als er sagte, daß Brahmâ die Erde nicht erschafft, nicht mehr als das übrige Weltall.
Nachdem er sich selbst aus der Seele der Welt evolviert hat, einmal getrennt von der ersten Ursache, verfliegt er mit aller Natur, und emaniert sie aus sich selbst. Er steht nicht über ihr, sondern ist mit ihr vereinigt; Brahmâ und das Weltall bilden ein Wesen; jedes Teilchen desselben ist seiner Wesenheit nach Brahmâ selbst, der aus sich selbst hervorging.
In einem Kapitel des Totenbuches, genannt die „Transformation in den Lotus“, ruft der Gott in Gestalt eines Hauptes, das aus dieser Blume hervortaucht: Ich bin der reine Lotus, der aus den Leuchtenden auftaucht ... Ich überbringe die Botschaften des Horus. Ich bin der reine Lotus, der aus den Sonnengefilden kommt.

Die Lotusidee kann sogar in dem elohistischen ersten Kapitel der Genesis verfolgt werden, wie in Isis Entschleiert behauptet wurde. In dieser Idee müssen wir den Ursprung und die Erklärung des Verses in der jüdischen Kosmogonie suchen, welcher lautet: „Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen... fruchtbare Bäume, da ein jeglicher nach seiner Art Frucht trage und habe seinen eigenen Samen in sich selbst.“ In allen ursprünglichen Religionen ist der schöpferische Gott der "Sohn des Vaters“, das heißt der sichtbar gemachte Gedanke desselben; und vor der christlichen Ära, von der Trimûrti der Inder herab bis zu den drei kabbalistischen Häuptern in den Schriften, wie sie von den Juden erklärt werden, war die dreieinige Gottheit von einer jeden Nation vollständig genau bestimmt und greifbar dargestellt in ihren Allegorien.

Dies ist die kosmische und ideale Bedeutung dieses großen Symbols bei den östlichen Völkern. Bei seiner Anwendung auf praktische und exoterische Verehrung jedoch, welche auch ihre esoterische Symbologie hatte, wurde der Lotus mit der Zeit der Träger und Behälter einer mehr irdischen Idee. Keine dogmatische Religion entging jemals dem Schicksale, das geschlechtliche Element in sich zu haben; und bis zum heutigen Tage beschmutzt dasselbe die moralische Schönheit der Wurzelidee der Symbologie. Das folgende ist aus demselben kabbalistischen Manuskript angeführt, das wir bereits bei verschiedenen Gelegenheiten zitiert haben.
Auf die gleiche Bedeutung wies hin der Lotus, der in den Wassern des Nils wächst. Die Art seines Wachstums ist besonders geeignet zu einem Symbol der Zeugungsthätigkeiten. Die Blüte des Lotus, welche der Träger des Samens für die Fortpflanzung ist, als Resultat ihres Reifens, steht durch seine mutterkuchenartige Verknüpfung mit der Mutter Erde in Verbindung, oder mit dem Schoße der Isis, durch das Fruchtwasser, das ist, durch den Nilfluß, mittelst des langen seilartigen Stengels, der Nabelschnur. Nichts kann klarer sein als dieses Symbol, und um es in seiner beabsichtigten Bedeutung vollkommen zu machen, ist mitunter ein Kind dargestellt, das auf der Blume sitzt, oder aus derselben hervorkommt. So werden Osiris und Isis, die Kinder des Kronos, oder der endlosen Zeit, in der Entwicklung ihrer Naturkräfte, in diesem Bilde zu den Eltern des Menschen unter den Namen Horus.
Wir können nicht genug Nachdruck legen auf den Gebrauch dieser Zeugungsfunktion als einer Grundlage für eine symbolische Sprache, und für eine wissenschaftliche Kunstsprache. Nachdenken über diese Idee führt sofort zur Überlegung des Gegenstandes der schöpferischen Ursache. Man beobachtet, daß die Natur bei ihrer Arbeit ein wundervolles Stück eines lebendigen Mechanismus ausgebildet hat, der von einer hinzugefügten lebendigen Seele gelenkt wird; die Lebensentwicklung und die Geschichte dieser Seele im Bezug auf ihr Woher, ihr Jetzt und ihr Wohin übersteigen alle Anstrengungen des menschlichen Denkvermögens. Das Neugeborene ist ein immer wiederkehrendes Wunder, ein Beweis dafür, daß in der Werkstätte der Gebärmutter eine intelligente schöpferische Kraft die Zusammenfügung einer lebendigen Seele mit einer körperlichen Maschine vermittelt hat. Die staunenerregende Wunderbarkeit dieser Thatsache verbindet eine heilige Weihe mit allem, was mit den Zeugungsorganen in Verbindung steht, als mit der Wohnung und dem Orte eines offenbaren schaffenden Dazwischentretens

Dies ist eine korrekte Wiedergabe der zugrundeliegenden Ideen der alten Zeit, der rein pantheistischen, unpersönlichen und ehrfurchtsvollen Vorstellungen der archäischen Philosophen der vorgeschichtlichen Zeitalter. Sie ist es jedoch nicht, wenn man sie auf die sündige Menschheit, auf die groben mit Persönlichkeit in Zusammenhang stehenden Ideen anwendet. Daher würde kein pantheistischer Philosoph ermangeln, die Bemerkungen, die dem Obigen folgen und welche den Anthropomorphismus der jüdischen Symbologie darstellen, anders als gefährlich für die Heiligkeit der wahren Religion zu finden und als bloß für unser materialistisches Zeitalter passend, welches das unmittelbare Ergebnis und Resultat dieses anthropomorphischen Charakters ist. Denn dies ist der Grundton für den ganzen Geist und die ganze Wesenheit des Alten Testamentes, wie das Manuskript bei der Behandlung der Symbolik der biblischen Kunstsprache erklärt: Daher ist der Ort des Schoßes für den allerheiligsten Platz zu nehmen, für das Sancturn Sanctorum, und den wahrhaftigen Tempel des lebendigen Gottes. Vom Manne wurde der Besitz des Weibes immer als ein wesentlicher Teil seiner selbst betrachtet, um zwei zu einem zu machen, und eifersüchtig als heilig behütet. Selbst der Teil des gewöhnlichen Hauses oder Heims, welcher der Wohnung des Weibes geweiht war, wurde genannt die penetralia, das Geheime oder Geheiligte, und daher die Metapher vom Allerheiligsten, von heiligen Bauwerken, die aus der Idee der Heiligkeit der Zeugungsorgane geschöpft waren. Die Darstellung ist bis zum äußersten getrieben durch die Metapher, daß dieser Teil des Hauses in der heiligen Schrift als der „zwischen den Schenkeln des Hauses“ beschrieben wird, und manchmal ist diese Idee baulich ausgeführt durch die große Thoröffnung der Kirchen, welche zwischen seitlich stehende Strebepfeiler gesetzt ist.
Kein solcher Gedanke „bis zum äußersten getrieben“, existierte jemals unter den alten ursprünglichen Âriern. Dies ist erwiesen durch die Thatsache, daß in der vedischen Zeit ihre Frauen nicht abgesondert von den Männern in penetralia oder Zenanas untergebracht wurden. Diese Abschließung begann, als die Mohammedaner - die nächsten Erben der hebräischen Symbolik nach dem christlichen Kirchentum - das Land erobert hatten und ihre Sitten und Gebräuche den Indern allmählich aufzwangen. Das vor- und nachvedische Weib war ebenso frei wie der Mann; und kein unreiner irdischer Gedanke war jemals der religiösen Symbolik der frühzeitigen Arier beigemengt. Die Idee und Anwendung ist rein semitisch. Dies wird bestätigt durch den Verfasser der genannten außerordentlich gelehrten und kabbalistischen Offenbarung, wo er die oben citierten Abschnitte abschliefst, indem er hinzufügt:
Wenn mit diesen Organen als Symbolen der schöpferischen Weltkräfte die Idee des Ursprunges der Maße sowie der Zeitperioden verbunden werden kann, dann sollte in der That bei der baulichen Ausführung der Tempel als Wohnungen der Gottheit oder des Jehovah der zum Allerheiligsten oder zum hochheiligsten Platze bestimmte Teil seinen Ehrentitel von der anerkannten Heiligkeit der Zeugungsorgane herleiten, welche als Symbole der Maße sowohl als auch der schöpferischen Ursache betrachtet wurden. Bei den alten Weisen gab es keinen Namen, keine Idee und kein Symbol von einer Ersten Ursache.

In den indischen Purânen ist es Vishnu, der erste, und Brahmâ, der zweite Logos, oder der ideale und der praktische Schöpfer, welche beziehungsweise dargestellt sind, der eine als den Lotus offenbarend, der andere als aus demselben hervorgehend.
Jedoch nicht die Anstrengungen der geübten seelischen Fähigkeiten eines Initiierten der östlichen Metaphysik und der Mysterien der schöpferischen Natur. Die Profanen vergangener Zeiten waren es, welche das reine Ideal der kosmischen Schöpfung zu einem Emblem bloß menschlicher Fortpflanzung und geschlechtlicher Verrichtungen erniedrigt haben: die Sendung der esoterischen Lehren und der Initiierten der Zukunft ist es und wird es sein, die ursprüngliche Vorstellung zu befreien und aufs neue zu adeln, die durch ihre rohe und plumpe Anwendung auf exoterische Dogmen und Personifikationen von Seite theologischer und kirchlicher Frömmler so traurig entweiht worden ist. Die schweigende Verehrung del abstrakten oder noumenalen Natur, der einzigen göttlichen Offenbarung, ist die Eine veredelnde Religion der Menschheit.
Sicherlich konnten die Worte des alten Initiierten der ursprünglichen Mysterien des Christentums, „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid“ (1. Korinth, III. 16), nicht in diesem Sinne auf die Menschen angewendet werden; obwohl die Bedeutung unleugbar in dieser Fassung in den Gedanken der hebräischen Kompilatoren des Alten Testamentes existierte. Und hier befindet sich der Abgrund, welcher zwischen der Symbolik des Neuen Testamentes und dem jüdischen Kanon liegt. Diese Kluft wäre geblieben und hätte sich immer erweitert, hätte nicht das Christentum, insbesondere und am unverhülltesten die lateinische Kirche, eine Brücke über dieselbe geschlagen. Das moderne Papsttum hat sie jetzt gänzlich überspannt durch sein Dogma von den zwei unbefleckten Empfängnissen, und durch den anthropomorphischen und zugleich abgöttischen Charakter, den es der Mutter ihres Gottes verliehen hat.
Sie wurde so weit getrieben nur in der hebräischen Bibel und bei deren knechtischer Nachschreiberin, der christlichen Theologie.

Ganz entschieden nicht. Lieber niemals ihm einen Gedanken widmen und es für immer namenlos lassen, wie es die alten Pantheisten thaten, als die Heiligkeit dieses Ideals der Ideale zu erniedrigen durch das Herabziehen seiner Symbole zu so anthropomorphischen Formen! Hier sieht man wiederum die ungeheure Kluft zwischen dem ansehen und dem semitischen religiösen Gedanken, den zwei entgegengesetzten Polen Aufrichtigkeit und Verstecktheit. Bei den Brâhmanen, welche niemals die natürlichen Fortpflanzungsfunktionen der Menschheit mit einem Elemente von „Erbsünde“ ausgestattet haben, ist es eine religiöse Pflicht, einen Sohn zu haben. Ein Brâhmane der alten Zeit zog sich, nachdem er seine Sendung als menschlicher Erschaffen erfüllt hatte, in das Dickicht zurück und verbrachte den Rest seiner Tage in religiöser Andacht. Er hatte seine Pflicht gegen die Natur, als sterblicher Mensch und als ihr Mitarbeiter, erfüllt und widmete hinfort alle seine Gedanken dem geistigen und unsterblichen Teile seiner selbst, indem er das Irdische als bloße Täuschung, als einen dahinschwindenden Traum betrachtete - was es in der That ist. Bei dem Semiten war es anders. Dieser erfand eine Versuchung des Fleisches in einem Garten Eden und zeigte, daß ein Gott - esoterisch der Versuchen und der Beherrscher der Natur - eine Handlung für immer verfluchte, welche in dem logischen Programme dieser Natur gelegen war. Alles dies exoterisch, so in der Verhüllung und dem toten Buchstaben der Genesis und des übrigen. Zur selben Zeit betrachtete er, esoterisch, die angebliche Sünde und den angeblichen Fall als eine so heilige Handlung, daß er das Organ, den Verüber der Erbsünde, als das geeignetste und geheiligtste Symbol für die Darstellung dieses Gottes erwählte, von dem gezeigt wurde, daß er das Inthätigkeittreten desselben als Ungehorsam und Todsünde brandmarkte!
Wer kann jemals die widerspruchsvollen Tiefen des semitischen Denkens ergründen! Und dies widerspruchsvolle Element minus seiner innersten Bedeutung ist jetzt gänzlich in die christliche Theologie und das christliche Dogma übergegangen! Ob die ersten Kirchenväter die esoterische Bedeutung des hebräischen Testamentes kannten, oder ob nur wenige von ihnen dieselbe bemerkten, während die übrigen in Bezug auf das Geheimnis unwissend blieben, bleibt für die Nachwelt zu entscheiden übrig. Ein Ding ist auf jeden Fall gewiß. Da die Esoterik des Neuen Testamentes vollkommen mit der der hebräischen mosaischen Bücher übereinstimmt; und nachdem gleichzeitig eine Anzahl rein ägyptischer Symbole und heidnischer Dogmen im allgemeinen - zum Beispiel die Dreieinigkeit. - von den synoptischen Büchern und vom heiligen Johannes nachgeahmt und aufgenommen worden ist, so wird es einleuchtend, daß die Gleichartigkeit jener Symbole den Verfassern des Neuen Testamentes, wer immer sie gewesen sein mögen, bekannt war. Sie müssen auch von der Priorität der ägyptischen Esoterik Kenntnis gehabt haben, da sie verschiedene Symbole sich angeeignet haben, welche rein ägyptische Begriffe und Glaubenslehren ihrer äußeren und inneren Bedeutung nach darstellen, und welche sich in dem jüdischen Kanon nicht finden. Eines von diesen ist die Wasserlilie in den Händen des Erzengels, in den frühzeitigen Darstellungen seiner Erscheinung vor der Jungfrau Maria; und diese symbolischen Bilder haben sich bis zum heutigen Tage in der Ikonographie der griechischen und römischen Kirche erhalten.
So geben Wasser, Feuer und das Kreuz, sowie die Taube, das Lamm und andere heilige Tiere mit all ihren Kombinationen esoterisch eine identische Bedeutung und müssen als eine Verbesserung gegenüber dem reinen und einfachen Judentum angenommen worden sein.
Dieselbe Idee wird exoterisch ausgeführt bei den Ereignissen gelegentlich des Auszuges aus Ägypten. Gott der Herr versucht den Pharaoh schwer, und "schlägt ihn mit großen Plagen“, damit der König nicht der Strafe entgehe und so keinen Vorwand für einen weiteren Triumph seines "auserwählten Volkes“ liefere.

Denn der Lotos und das Wasser befinden sich unter den ältesten Symbolen und sind in ihrem Ursprunge rein ârisch, obwohl sie während des Abzweigens der fünften Rasse allgemeines Gut geworden sind. Um ein Beispiel zu geben, so waren die Buchstaben, sowie die Zahlen, alle mystisch, sowohl in ihrer Verbindung als auch einzeln genommen. Der heiligste von allen ist der Buchstabe M. Er ist zugleich weiblich und männlich, oder androgyn, und beabsichtigt, das Wasser in seinem Ursprunge, die große Tiefe zu symbolisieren. Er ist ein mystischer Buchstabe in allen Sprachen, den östlichen und den westlichen und steht als eine Glyphe für die Wogen, also [Symbolabbildung, siehe Buch]. In der ârischen Esoterik ebensowie in der semitischen stand dieser Buchstabe immer für die Wasser. Im Sanskrit zum Beispiel bedeutet Makara, das zehnte Zeichen des Tierkreises, ein Krokodil, oder vielmehr ein Ungeheuer der Fluten, das immer mit Wasser in Verbindung gebracht wurde. Der Buchstabe Ma ist gleichwertig und entsprechend der Zahl 5, welche zusammengesetzt ist aus einer Zweiheit, dem - Symbole der zwei Geschlechter in ihrer Trennung, und aus der Dreiheit, dem Symbole des dritten Lebens, der Nachkommenschaft der Zweiheit. Dies wiederum wird oft symbolisiert durch ein Pentagon, welch letzteres ein heiliges Zeichen, ein göttliches Monogramm ist. Maitreya ist der geheime Name des fünften Buddha, und der Kalkî Avatâra der Brahmanen, der letzte Messias, welcher im Höhepunkte des großen Cyklus erscheinen wird. Es ist auch der Anfangsbuchstabe der griechischen Metis oder göttlichen Weisheit; von Mimra, dem Worte oder Logos, und von Mithras, dem Mihr, dem Monadenmysterium. Alle diese werden in und aus der großen Tiefe geboren und sind Söhne der Mâyâ, der „Mutter“; in Ägypten der Mut; in Griechenland der Minerva, der göttlichen Weisheit; der Maria oder Miriam, Myrrha etc., der Mutter des christlichen Logos. und der Mâyâ, der Mutter des Buddha. Mâdhava und Mâdhavî sind die Titel der wichtigsten Götter und Göttinnen des indischen Pantheons. Schließlich ist Mandala im Sanskrit ein „Kreis“ oder eine Scheibe, auch die zehn Abteilungen des Rig Veda. Die Heiligsten Namen in Indien beginnen im allgemeinen mit diesem Buchstaben, vom Mahat, dem ersten geoffenbarten Intellekt, und dem Mandara, dem großen Berge, den die Götter beim Quirlen des Ozeans benützten, bis zur Mandâkinî, der himmlischen Gangâ oder Ganges, dem Manu u. s. w., u. s. w.
Wird man dies einen Zufall nennen? Dann ist es in der That ein seltsamer, wenn wir selbst Moses, der in dem Wasser des Nils gefunden wurde, denselben symbolischen Mitlauter in seinem Namen haben sehen. Und die Tochter des Pharaoh „hieß ihn Mose, denn sie sprach: Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen“. Außerdem ist der hebräische heilige Name Gottes in Bezug auf diesen Buchstaben M Meborach, der „Heilige“ oder der „Gesegnete“, und der Name für das Wasser der Flut ist Mbul. Eine Erinnerung an die „drei Marien“ bei der Kreuzigung und ihren Zusammenhang mit Mare, dem Meere oder Wasser, mag diese Beispiele beschließen. Dies ist der Grund, weshalb im Judentum und Christentum der Messias immer im Zusammenhang steht mit Wasser, mit Taufe und auch mit den Fischen, dem Tierkreiszeichen, das im Sanskrit Mîna heißt, und selbst mit dem Matsya (Fisch) Avatâra, und mit dem Lotus, dem Symbole des Schoßes, und mit der Wasserlilie, welche dieselbe Bedeutung hat. In den Überresten des alten Ägypten finden sich um so häufiger Lotusblüten und Wasser in Verbindung mit den Sonnengöttern, je größer das Alter der ausgegrabenen Weihegegenstände mit ihren Symbolen und Emblemen ist. Der Gott Khnum, die Kraft der Feuchtigkeit, oder das Wasser, von dem Thales lehrte, daß es der Ursprung aller Dinge ist, sitzt auf einem Throne, der von einem Lotus umschlossen ist. Der Gott Bes steht auf einem Lotus, bereit, seine Nachkommenschaft zu verschlingen. Thot, der Gott des Geheimnisses und der Weisheit, der heilige Schreiber von Amenti, der die Sonnenscheibe als Hauptschmuck trägt, sitzt mit einem Stierhaupt - der heilige Stier von Mendes ist eine Form des Thot - und mit einem menschlichen Körper auf einem vollaufgeblühten Lotus. Schließlich ruht die Göttin Hiqit unter der Gestalt eines Frosches auf dem Lotus und zeigt so ihren Zusammenhang mit dem Wasser. Und aus der unpoetischen Gestalt dieses Froschsymboles, unzweifelhaft der Glyphe der ältesten unter den ägyptischen Gottheiten, haben die Ägyptologen vergebens das Geheimnis und die Funktionen der Göttin zu enthüllen versucht. Die Annahme desselben durch die Kirche seitens der ersten Christen zeigt, daß diese es besser kannten, als unsere modernen Orientalisten. Die „Frosch- oder Krötengöttin“ war eine der hervorragendsten, kosmischen Gottheiten in Verbindung mit der Schöpfung wegen der amphibischen Natur dieses Tieres, und hauptsächlich wegen seiner scheinbaren Wiederauferstehung, nach langen Zeiten einsamen Lebens, während welcher es in alten Mauern, in Felsen und dergleichen eingeschlossen war. Sie hatte nicht bloß Anteil an der Gestaltung der Welt gemeinsam mit Khnum, sondern sie wurde auch in Zusammenhang gebracht mit dem Dogma der Auferstehung. Es muß eine sehr tiefe und heilige Bedeutung mit diesem Symbol verknüpft gewesen sein, da die ersten ägyptischen Christen, trotz der Gefahr, einer widrigen Form der Tierverehrung beschuldigt zu werden, dasselbe in ihre Kirchen aufgenommen hatten. Ein Frosch oder eine Kröte, eingeschlossen in eine Lotosblume, oder einfach ohne das letztere Emblem, wurde als Form für die Kirchenlampen gewählt, auf welchen die Worte „[korrekter Abdruck siehe Buch]“ - ich bin die Auferstehung - eingegraben waren. Diese Froschgöttinnen finden sich auch bei allen Mumien.

Drucken